Unstetes Begehren

Ein letzter Sommersonnenstrahl zwischen Tannen. Ein Schlaglicht auf dieses bisschen “so wie wir wollen”, dass nachglüht und haften bleibt als Bezugspunkt des Denkens. Du hast dich mit einem Male auf meine Dielen, die das Lasterleben bedeuten, erbrochen. Alles springt erschreckt auf, ich laufe nach einem Eimer. Kannst dich erstmal hinlegen. So lernten wir uns kennen.

Später willst du mit mir Teilen. Noch später als wir drauf sind, begegnen wir uns wieder. Im Dunkel hinter einem Mischpult sprichst du von deiner Dorftragödie, die sie Leben nennen. Die Tränen sind echt. Ich massiere dir den Nacken, du ziehst mich herab, küsst mich, verschlingst mich vielleicht eher. So will ich leben, ich glänze, du liebst mich dafür. Die Tragödie falte ich zweimal und klemme sie unter deine Bierpulle. Morgen kannst du ein neues Blatt einlegen. Unfassbar alles, so geil. Ich will dich küssen, anfassen. Wir feiern wieder bei den anderen.

Wir werden keine Beziehung führen, uns vielleicht mal wieder sehen im nächsten Jahr. Dinge, die sich so fügen, gesprochen wird nicht viel dazu. Ich zumindest ein bisschen, Worte, die die Zärtlichkeit schützen sollen. Wer hat sich den One-Night-Stand ausgedacht? Ich liebe dich auch noch Jahre später. Was hat die Liebe damit zu schaffen, wie oft wir uns sehen?

Sommer, Sand, Kiefern, aber auch noch ein Hauch dieses U-Bahn-Dufts - heißes Gummi und elektrische Entladungen. Eine andere Stadt ein anderes Jahr. Hier trete ich als Tagedieb in Erscheinung. Ich habe mich in eine Welt hineinplaziert, illegitim wo andere astronomische Mieten bezahlen oder Eigentume verwalten, die größer sind als meine materiellen Erungenschaften aus zehn Leben je wären. Ihr kommt mich besuchen. Wir verbringen einen Tag am See, die Villen verborgen hinter Bäumen. Halbstarke führen ihre Markenklamotten spazieren, IPhone und Gangsterrap.

Wir führen so einige Identitäten im Köcher. Daneben befand sich auch meine Hängematte heute im Gepäck. Wir spannen sie zwischen Bäumen über das Wasser. Du bist eine Hure und du ein Lustjunge, Eskort, Stricher ginge zu weit, Künstler seid ihr auch, Gebrauchsschreiber, manchmal auch Aktivisten. Wie das Leben so spielt. Wir verkaufen uns alle, die Klasse an sich. Ihr seid meine Freunde. Ich liege da im Halbschatten, blinzel unter dem T-Shirt hervor, dass ich mir übers Gesicht geworfen habe. Unter mir gluckst das Wasser, von überall schalt ein Freizeitgemurmel. Und da seid ihr rekelndermaßen das also sind meine Freunde.

Irgendwann legst du dich mir gegenüber in die Matte. Bein an Bein, die Hure und der Streuner und die Zeit streicht uns leise durchs Haar. Wir berühren uns, aber wissen nicht wie. Angespannt ist es nicht, aber scheu. Was ist das für ein Begehren? Was will dieses Begehren? Irgendwann halten wir uns die Hand. Und ich verstehe meine Aufregung nicht genauso wenig wie die Scheu. Bin ich denn ohne Vergangenheit? Dann kommst du aus dem See auf uns zu. Warst wohl etwas weiter rausgeschwommen, schaukelst unsere Matte. Na, ihr Täubchen.

Ein einziges Mal erinnere ich mich, als wir zusammen wohnten in dieser großen Wohnung mit Stuck und hohen Decken. Ein einziges Mal hatten wir Sex (Where does ist start? Where does it end?). Wir tanzten in deinem Zimmer erst mit vielen, dann wenigen. Wie es eben so ist. Wir spührten einander durch die feuchten Shirts, begannen uns geil zu finden. Heiße Boner unterm Reißverschluss. Ich habe dir einen geblasen. Du mir auch? Ich erinnere mich nicht mehr so genau. Ein warmes Gefühl. Wir sind noch bessere Freunde geblieben.

Die Vergangenheit. Der große Strom, strategische Brücken, Rennen über wuchtige Steinplatten, verworfen, Schienen, Schläge und Blaulicht. Der Alltag längst vergessen. Eure Gesichter, meine Crew, steht ihr da wie damals, überlebensgroß in einem Sandsteinrahmen. Ein Ballast, der nicht ausbleibt. Du und ich wir waren Teile und als die Vergangenheit endete nicht mehr zusammen unterwegs. Eine runde Sache, eine Anekdote. Die Vergangenheit.

Dann aber bekamen wir von neuem Lust aufeinander. Ein paar Jahre drauf und drauf unter einer Autobahnbrücke stark klischiert und verdichtet. Der Sache voraus ging die erste und einzige kostenlose Taxifahrt meines Lebens. Sie begann an einem Endbahnhof der Vorortbahn, vor dem wir uns beratschlagten. 5 dunkle Kilometer verblieben zurückzulegen, als das unbestellte Taxi uns aufnahm - Vorortlangeweile. Ich erinnere mich nicht an die Musik. Wir beide kannten niemanden. Irgendwann fickten wir mitten im Staub auf dem Feldweg, Leuten passierten uns, stolperten fast. Warum haben wir uns kein Gebüsch gesucht, kein Kornfeld? War es so dringend?

Wenn von all diesen Inseln erzählt wird, warum dann nicht vom Meer? Ja das unendliche Meer perlt ja bloß nicht spurlos an mir ab. Es wird mich hinabziehen, aber nicht jetzt, glaube ich. Manchmal fällt es nicht ganz leicht zu sagen: schwimm ich? tauch ich? fliege ich? Nein fliegen, dass nur ganz selten.

Wir wollen es uns schön machen. Erst einmal was leckeres, besonderes kochen. Wir sind alle wunderhübsch. Aber ich weiß es nicht… Mir steckt ein Fisch im Maul. Deine warmer Blick sucht meinen, ich röchel. Eine Wohnung, ein Bett, Bluetooth-Box, Massageöl, große Träume, kleine Freuden. Du eregst mich nicht. Wir haben Zeit. Niemand muss eregt sein. Bilder von Inseln im Kopf - es hilft nicht. Mir steckt ein Fisch in der Brust.

Nux Written by:

Nux is a sick war boy.

Nux drank too much diesel.